Heimat- und Handwerksmuseum Wahlstedt
   
 
Marinearsenal

Marinearsenal Fahrenkrug

Geschichtspfad

Ein Überblick über die Entstehung

Ab 1937 begann man mit dem Aufbau des Marine-Artillerie-Arsenals Fahrenkrug im Segeberger Forst am Rande von Wahlstedt. Wahlstedt hatte damals ca. 750 Einwohner und hatte mit dem Arsenal eigentlich wenig zu tun. Die Lage im Forst wurde gewählt, weil man sich dort vor Flugzeugen, d.h. Bombenangriffen sicherer glaubte als in den Hafenstädten.
270 ha wurden von der Forstverwaltung gepachtet, 44 ha kamen von Gut Dall u.a. dazu.

Auf diesem Riesengelände wurden lt. Wahlstedter Chronik von 1958 folgende Anlagen gebaut:
A. Bürogebäude für die Arsenalleitung
B. Wirtschaftsgebäude 
    Kantine, Badehaus, Umkleide
    6 Barackenlager
    Siedlungshäuser
C. Energieversorgung
    Strom, Fernheizung, Wasser, Abwasser, Pressluft, Gas
D. Werkstätten
E. Munitionsfertigungsanlagen
    Patronen 2 cm, 3,7 cm, 8,8 cm, 10,5 cm
    Hülsen/Kartuschen/Geschosse 12,7 cm, 15 cm, 20,3 cm 28 cm, 38 cm
F. Hülsenwerkstätten
G. Munitionslagerbetrieb
    u.a. 208 Munitionshäuser (Bunker) zur Lagerung der Geschosse
H. Weiter Anlagen
    Eisenbahn 5 km Normalspur nach Fahrenkrug
    52 km Kleinbahnnetz
    Kraftfahrbetrieb
    Feuerwehr etc.

In diesem Betreib wurden von ca. 2000 Arbeiterinnen und Arbeitern rund um die Uhr in 4 Schichten Munition für die Kriegsmarine gefertigt. Die Arbeitskräfte kamen aus einem großen Umkreis mit Fahrrad, Bus und Bahn, Fremdarbeiter wohnten hier in Barackenlagern.
Das Arsenal Trappenkamp stellte Sperrwaffen, d.h. Seeminen etc. her.
Es gab weitere, ähnliche Arsenale im Binnenland, z.B. in Lübtheen in Mecklenburg-Vorpommern.

1941 wurde außerdem das Marine-Zeugamt von Wilhelmshaven in die Nähe von Kiel verlegt und kam nach Bad Segeberg ins Kurhaus. Es verwaltete u.a. Trappenkamp und Wahlstedt.

Die erzeugten Mengen lassen sich erahnen, wenn man sieht, was bei Kriegsende noch vorhanden war:
Gesamtbestand: 47400 t
Davon vor Kiel versenkt: 23400 t
Bereits in der 1958 gedruckten Chronik findet sich der Hinweis, dass man das alles aus der Ostsee wieder herausholen müsse.
Russland, Frankreich, USA und England bekamen je einen Anteil, 6000 t wurden verbrannt, ein weiterer Teil ging u.a. nach Helgoland.

Am 3. Mai 1945 rückten englische Truppen in Wahlstedt ein, das Arsenal musste übergeben werden. Man hat hier lange geglaubt, dass die Engländer die genaue Lage des Arsenals nicht kannten, inzwischen gibt es Luftaufnahmen, die das Gegenteil beweisen. Das Gelände wurde demontiert, Bunker gesprengt, aber Werkstattgebäude konnten zum großen Teil erhalten bleiben. Ab etwa 1947 gingen erst Teile und bis 1952 alles an die Bundesvermögensverwaltung und von dort in Privatbesitz über.

In den erhaltenen Gebäuden richteten sich Werkstätten und Zivilbetriebe ein. In Wahlstedt hatten sich inzwischen viele Ausgebombte und Flüchtlinge eingefunden. In den Werkstätten wurden u.a. Ausbildungswerkstätten eingerichtet, um z.B. Russlandheimkehrern, die durch den Krieg keine Ausbildung erhalten hatten, eine Lehre zu ermöglichen. In anderen Gebäuden siedelten sich Betriebe an, z.B. das Glaswerk, Arko (1948), Pelz, Lichtenheldt, dann Grundfos, diese und andere gibt es heute noch. Dagegen sind Betriebe wie z.B. Rosemarie Floss Bekleidung, Erle ZF Bekleidung, Brillen Optik Norden und manche andere nur noch älteren Wahlstedtern bekannt.

Die Überführung der ehemals militärischen Anlagen gilt als vorbildlich und ist in Wahlstedt fast einzigartig gelungen. Heute stehen hier Betriebe, die der Bevölkerung Wahlstedts die notwendigen Arbeitsplätze bereitstellen. Die Besonderheit des Arsenalgeländes nach dem Kriege blieb lange unbemerkt. Seit 2013 laufen Forschungen zum Marinearsenal Fahrenkrug u.a. durch eine Gruppe der Christian-Albrechts-Universität in Kiel unter Prof. Dr. Pohl. Timo Lumma, den viele schon von seinen Führungen durch das Arsenal kennen, arbeitet an einem dicken Buch über das Arsenal.

Das Marine-Artillerie-Arsenal stempelte mit dem Ortsnamen Fahrenkrug. Über Fahrenkrug kamen die Eisenbahn und die Strassenanbindung, eine Stromtrasse kam über Wittenborn, aus Wahlstedt kamen wie aus vielen anderen Orten in großem Umkreis nur Arbeitskräfte.

Wenige Unterlagen haben sich erhalten, hier zwei Stempel aus einem Versicherungsausweiß, der sich noch in einer alteingesessenen Familie befindet.


Foto: Peter Koch



 
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